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Maurice Müller

Designer

Wie erklärst du einem Kind, aus was deine Arbeit besteht?

Ich kaufe unabhängige Magazine aus der ganzen Welt zusammen und bringe sie nach Zürich. Dort verkaufe ich die Magazine in meinem Laden weiter. Ich bin also quasi ein Magazin-Dealer.

Wieviel hat das was du aktuell tust mit deinem Studium zu tun?

Beinahe alles. Von der Buchhaltung abgesehen arbeite ich hauptsächlich auf meinem Studium. Ein wichtiger Teil ist die Kuration des Angebots. Dabei greife ich aktuelle Trends auf und passe die Auswahl entsprechend an. Speziell in der Buchabteilung spielt auch das äussere Erscheinungsbild eine wichtige Rolle weshalb ich froh bin, mich auf mein trainiertes Auge verlassen zu können um eine entsprechende Auswahl zu treffen. Auch kann ich dank meinem Studium alles was mit Grafik und Website zu tun hat selbstständig erarbeiten und bin nicht auf Unterstützung dritter angewiesen. Das vielfältige Arbeiten im Studium kommt mir in meinem jetzigen Beruf sehr zu Gute.

Was beschäftigt dich momentan am meisten?

Momentan setze ich mich viel mit der Entwicklung von Printerzeugnissen auseinander. Obschon bei den kleineren Publikationen weiterhin ein Wachstum auszumachen ist, schwindet der Mainstream rasanter dahin als erwartet. Das Coronavirus hat viele Magazine dazu gezwungen Ausgaben auszusetzten, kleinere Auflagen zu drucken oder gar ganz aufzuhören. Die Entwicklung beobachte ich gespannt habe aber keine Angst davor, da für jedes verlorene Magazin ein neues, noch innovativeres hervorkommt.

Fühlst du dich zu einer bestimmten Szene zugehörig?

Beruflich fühle ich mich nicht wirklich einer Szene zugehörig. Ich fühle mich nicht als Buchhändler und zähle mich ebenso wenig zu den klassischen Magazinhändlern (Kiosk). Wenn ich einer Szene zugehörig bin, dann der Queeren Szene, was sich auch im Sortiment widerspiegelt.

Wer oder was inspiriert dich?

Schon immer haben mich Menschen im meinem Umfeld inspiriert die ihr eigenes Ding auf die Beine gestellt haben und gegen den Strom geschwommen sind. Diese Menschen sind es, die mich dazu gebracht haben selbstständig zu werden und ein Risiko einzugehen. Nie hätte ich mir träumen lassen, einmal Inhaber eines Magazinladens zu sein – geschweige denn direkt nach dem Studium.

Welche Räume brauchst du, welche braucht deine (Praxis)?

Die Räumlichkeiten für mein Geschäft habe ich glücklicherweise gefunden. Mit der Hohlstrasse 9 hat die Welt der unabhängigen Magazine ein neues zu Hause gefunden. Auch für die Events welche regelmässig hier durchgeführt werden hat sich das Lokal als äusserst geeignet erwiesen. Einzig das Lager lässt zu wünschen übrig. Traum wäre es eine Art Archiv/Bibliothek aufbauen zu können, was mit drei Kubikmeter Lagerraum schlicht unmöglich ist.

In welcher Form arbeitest du mit anderen zusammen?

Immer wieder entstehen Kollaborationen mit Print Matters!, sei es für einen Magazin-Launch, für ein Konzert in den Räumlichkeiten oder bald auch als Verleger. Die direkte Zusammenarbeit mit den einzelnen Magazinen nimmt wohl aber den meisten Platz ein. Zusammen überlegen wir uns Promotionsstrategien, tauschen Kundenerfahrungen aus und entscheiden darüber, welches Cover in Zürich wohl am besten ankommt.

Wie funktioniert dein (berufliches) Netzwerk, welche Rolle spielt es im Alltag?

Mein Netzwerk funktioniert hauptsächlich via E-Mail und Instagram. Mittlerweile bin ich gut vernetzt mit Distributoren, Autoren und anderen Shop-Inhabern auf der ganzen Welt. Der Austausch spielt dabei eine wichtige Rolle. Beinahe täglich bin ich in engem Kontakt mit Shops in Portugal, Deutschland und Holland um mich über neue Titel zu informieren. Leider treffe ich die Herausgeber der Magazine und die Inhaber anderer Shops nur selten persönlich aufgrund der zwischen uns liegenden Distanz. In der Schweiz sind vor allem meine zuvor geknüpften Kontakte zur Presse und zu Stylisten und Fotografen von bedeutung.

Wo wärst du gern dabei oder vertreten?

Gestalten veröffentlichte erst vor kurzem ein Buch über die schönsten Buchläden der Welt und ihre Geschichten. Es gibt City-Guides von Monocle, Lost in und von Cereal welche ebenso bekannt dafür sind die schönsten Orte einer Stadt hervorzuheben. Publiziert zu werden in einem dieser Bücher ist etwas was mich reizt.

Wie würdest du für dich Erfolg definieren?

Selbstständig zu sein hat einen romantischen Ruf. Leider schlägt einem die Realität die rosa Brille schneller vom Gesicht als man blinzeln kann. Unwerartete Kosten, Corona und eine schleppende Umsatzsteigerung fordern, dass man beim Lohn spart. Das Durchhaltevermögen wichtig ist wusste ich, doch dass es so an den eigenen Kräften zehrt hätte ich nicht gedacht. Erfolg ist für mich, wenn mir einen regelmässigen Lohn zahlen kann, mit dem ich meine Miete zahlen kann und auch ab und zu ein paar Wochen Ferien pro Jahr möglich sind.

Etwas das du aktuell vermisst? Etwas das du immer vermisst?

Aktuell vermisse ich den täglichen Austausch mit Arbeitskollegen. Ein Grossraumbüro war nie mein Ding, doch das tägliche arbeiten im eigenen Shop ohne Gesellschaft gibt mir ab und an zu Denken.

Etwas das mich umhaut?

Der Support aus der Gemeinschaft haut mich jedes Mal um. Von Anfang an hatte ich Unterstützung von allen Seiten. Viele Menschen die ich nicht kannte kamen auf mich zu und stellten sich für allfällige Fragen oder finanzielle Unterstützung zur Verfügung. Damit hätte ich nie gerechnet. Speziell während den letzten Monaten als die Welt stillzustehen schien öffneten sich aus dem Nichts neue Türen.

Was wärst du sonst geworden, wenn nicht …?

Die klassische Frage, die sich nie beantworten lässt. Noch vor 7 Jahren hatte ich nie etwas von «Trends & Identity» gehört. Während dem Studium konnte ich mir nie ausmalen, dass ich 1.5 Jahre bei der NZZ arbeiten würde und schon gar nicht, dass ich einen eigenen Laden führen würde nach Abschluss des Studiums. Wo ich jetzt bin, habe ich spontanen Entscheidungen zu verdanken. Wo ich in fünf Jahren bin oder wo ich jetzt wäre, wenn nicht hier mag ich mir gar nicht vorstellen.

Welche Frage wird nie gestellt, sollte aber?

Wie viele Stunden pro Woche arbeitest du eigentlich? Nach aussen hin wirkt das Geschäft doch recht überschaubar, die Oeffnungszeiten scheinen moderat und viel scheint es nicht zu tun zu geben, wenn keine Kunden im Geschäft sind. Hier liegen viele flasch und unterschätzen den Aufwand, der mit einem auch nur kleinen Geschäft verbunden ist. Selbstständige arbeitne 24/7. Ich träume von der Arbeit, sitze Sonntags an der Buchhaltung liefere am Montag wenn das Geschäft geschlossen ist die Magazine and die Partnershops.