Milan Siljanov
Internationaler Opernsänger
Meinem 3-jährigen Sohn sage ich immer, dass ich ins Opernhaus gehe, um den Leuten eine Geschichte zu erzählen. Ich erkläre ihm auch, dass ich auf einer Bühne stehe und „Lieder" singen darf. Er erfährt von mir, dass ich zu Hause üben muss, damit abends meine Stimme groß genug ist, damit alle mich hören können. Sein Kommentar ist dann meistens ein trockenes „aber bitte nicht so laut!“.
Fast alles, was ich im Studium gelernt habe, fließt in meine Arbeit ein. Die tägliche Auseinandersetzung mit meiner Stimme ist ein wichtiger Bestandteil meines beruflichen Lebens. Momentan kommen mir vor allem die erlernten Fertigkeiten meines Performance Masters zugute, da genau diese in einem Opernbetrieb angewandt werden müssen.
Ich frage mich oft, wie es mit unserer Branche weitergeht. Es sind düstere Zeiten, vor allem für freischaffende Musiker. Ich habe das Glück, dass ich eine Festanstellung habe und somit eine finanzielle Sicherheit habe. Früher oder später müssen wir uns alle fragen, wie und ob wir die Kultur in unserer Gesellschaft aufrecht erhalten wollen. Die politischen Tendenzen, die Kultur auf das Abstellgleis zu stellen, sind erschreckend und besorgniserregend.
Nein. Ich bin zwar Opernsänger und arbeite in der „Kulturszene“, habe aber noch ganz viele andere Interessen. Würde ich mich ausschließlich mit Künstlern umgeben, würde ich wohl den Verstand verlieren.
Inspirationen schöpfe ich aus verschiedenen Quellen. Aus Gedichten, aus der Musik, Der Natur oder aus Bühnenbildern, aus Mitmenschen und aus Erlebnissen. Inspirationen kommen meistens unverhofft und das ist das Schöne daran.
Ich brauche vor allem Räume, wo ich zur Ruhe finden kann. Diese Räume finde ich bei meiner Familie. Meine Praxis braucht Räume, welche mich inspirieren. Mein Arbeitsplatz, die Bayerische Staatsoper, ist ein solcher Raum!
Auf verschiedenste Art und Weise. Ich singe mit unterschiedlichen Orchestern, mit Pianisten und in kammermusikalischen Settings. Ich arbeite mit Dirigenten und Regisseuren, mit Bühnentechnikern und Choreographen, mit meiner Agentur und dem Betriebsbüro der Oper. Ein großer Teil meiner Arbeit hat nur wenig mit Musik zu tun.
Sehr viel läuft über die Mund-zu-Mund-Propaganda. Deshalb tut man gut daran, sich immer professionell zu benehmen, vorbereitet und pünktlich zu Proben zu kommen und freundlich und kollegial zu sein. Es ist erstaunlich wie weit man mit der richtigen Einstellung kommen kann.
Ich wäre gerne Stürmer bei Bayern München, aber dieser Zug ist längst abgefahren.
Erfolge sind vielschichtig. Ich erinnere mich daran, wie ich vor drei Jahren eine Rolle vorbereiten musste und ich mich dagegen gesträubt habe, denn ich dachte zu jenem Zeitpunkt die Rolle sei zu schwer für mich. Als ich dann - durch einen Aneinanderreihung glücklicher Zufälle - die Möglichkeit bekommen habe, diese Rolle auf der Bühne des Nationaltheaters zu singen, verbuchte ich das als ein großer, persönlicher Erfolg.
Ich vermisse den normalen Opernbetrieb. Ich vermisse die Stimmung vor der Aufführung, den Adrenalinschub kurz bevor man auf die Bühne geht, das grelle Licht der Scheinwerfer, die Silhouette des Publikums, den Klang aus dem Orchestergraben, das gemeinsame Singen, den Applaus, die Spannung, die Erleichterung. All das, was eine Live-Performance ausmacht. Die Echtheit und die Unmittelbarkeit.
Der Klang des Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Kirill Petrenko (vor allem bei Wagner-Opern)!
Das wüsste ich gerne selbst!
Sollten Sänger eigentlich wissen, wie man Noten liest?